Gedanken zu YEN-Krediten. Ein Leserbrief im Gewinn 05/2001
Ich verstehe ganz gut, dass Sie Ihren Lesern anraten,
sich in Yen Zu verschulden, möchte aber zwei Umstände erwähnen, die Ihre
Kalkulation beeinflussen könnten.
1 . Yen-Wechselkurs: Japans Regierung ist, was die
Einstellung zum Austauschverhältnis der eigenen Währung betrifft, ein
wesentlich "aktiverer" Währungshüter, als es die EZB ist. Sie hat
sehr wohl eine Meinung zum Austauschverhältnis des Yen und ist bereit, Mittel für
die Bestimmung der Richtung einzusetzen. Sie koordiniert sehr eng ihr Vorgehen
mit dem US-Schatzamt, da die wichtigste währungspolitische Relation das Verhältnis
Yen‑Dollar ist. Daher wird der Außenwert des Yen in stärkerem Maße von
politischen Überlegungen bestimmt und Prognosen werden damit wesentlich
unsicherer.
Ein weiterer Bestimmungsfaktor des Yen wird in Zukunft von
dem Maß der Restrukturierung in Japans Finanzlandschaft abhängen. Japans
Unternehmen und Private haben sehr hohe Auslandsguthaben, die bei
Schwierigkeiten wieder repatriiert werden. Daher ist die Schwäche der
Wirtschaft nicht unmittelbar mit einem schwachen Yen gleichzusetzen. Ich schätze
den Auftriebseffekt des Yen aus den vorgenannten Gründen für ebenso stark
wie den Abwertungstrend aufgrund der schwachen Wirtschaft ein.
2. Zinsniveau: Japans sehr hohe Staatsschuld wird in Zukunft
mit Sicherheit zu einem Anstieg der Sekundärmarktzinsen führen. Der Grund für
die Bereitschaft der Investoren, dem Staat Geld um derzeit 1,4 Prozent auf zehn
Jahre zu geben, ist eine Ausnahmesituation, die mit der Verunsicherung über den
wirtschaftpolitischen Kurs und die herrschende Deflation erklärt werden kann.
Ich glaube, dass die nächste Regierung in Japan diesen Problemen ins Auge
schauen muss und daher ein Anstieg des Zinsniveaus nicht so ausgeschlossen ist.
Auch ist die jüngste Entscheidung der BoJ, die Wirtschaft zu "reflationieren"
(direkter Kauf von Staatstiteln durch die BoJ), ein Schritt in diese Richtung.
Und letztlich ist Reflationierung die beste Methode für den Staat, die
Schuldenlast zu reduzieren, was er dringend nötig hat.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Japan in
schwierigen Situationen für uns nicht so leicht nachvollziehbare wirtschafts‑
und geldpolitische Akzente setzt, wo mit die von Ihnen (gemeint ist Herr Dr.
Weiland) durchgerechneten Konditionen für Yen-Kredite ziemlich durcheinander
kommen könnten. Ich bin aber ziemlich beeindruckt von Ihrer Fähigkeit in der
Vergangenheit, die Kursentwicklung des Yen gut
vorherzusehen. Ich glaube nur, dass
es in Zukunft noch schwerer wird, da die Probleme in Japan immer drängender
werden.
Wolfgang Penzias, Österr. Handelsdelegierter für Japan, Tokyo
Quelle:
GEWINN 5/01 Leserbrief Seite 16