Folgender Artikel stammt mit freundlicher Genehmigung von Das Beste, Februrar 2001, Seite 21
Standen Sie in letzter Zeit beim Einkaufen ratlos vor den Regalen mit Vitamin und Mineralstoffpräparaten? Ein Blick in die Supermärkte und Drogerien zeigt es: Das Angebot an so genannten Nahrungsergänzungsmitteln hat sich in den letzten Jahren vervielfacht. Der Verbraucher hat nicht nur die Qual der Wahl, sondern fragt sich auch: Welche dieser Supplemente brauche ich wirklich?
Welchen Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen Männer und Frauen in verschiedenen Altersstufen haben, ermittelt die Deutsche (DGE) beziehungsweise Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE). In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung und der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung wurden die Werte nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen neu bestimmt. Sie berücksichtigen jetzt für ausgewählte Nährstoffe auch die langfristige Vorbeugung vor Krankheiten. Die Angaben auf dem Beipackzettel beziehen sich auf die Referenzwerte der Ernährunsgesellschaften oder auf europäische oder US-amerikanische Empfehlungen (RDA). Wer sich abwechslungsreich und mit fünf Portionen Obst und Gemüse täglich ernährt, bekommt eigentlich alle nötigen Vitamine und Mineralien. Der Ernährungssurvey des Robert Koch-Instituts von 1998 zeigt aber, dass wir generell zu wenig Obst und Gemüse essen. Auch der österreichische Ernährungsbericht aus demselben Jahr und die VERA-Studie der Universität Gießen belegen, dass viele Erwachsene nicht ausreichend mit einigen wichtigen Vitaminen und Mineralien versorgt sind.
Fachleute empfehlen daher die Ergänzung über Vitaminpräparate, um Mängeln vorzubeugen. Welche Vitamine und Mineralstoffe sind dabei besonders wichtig? (Wenn Sie Medikamente einnehmen, sollten Sie Ihren Arzt fragen, bevor Sie zu Vitamin- oder Mineralstoff-Präparaten greifen.)
Vitamin E Untersuchungen lassen darauf schließen, dass Vitamin E das Immunsystem stärkt, vor grauem Star schützt und das Fortschreiten von Alzheimer-Krankheit und Rheuma verlangsamt. Es reduziert die Oxidation von „schlechtem" LDLCholesterin und beugt so der Arteriosklerose und Herzerkrankungen vor. Zudem kann das Vitamin die Entstehung gefährlicher Blutgerinnsel verhindern. Studien der HarvardUniversität zeigten, dass täglich 100 Internationale Einheiten (IE) Vitamin E über mindestens zwei Jahre lang eingenommen das Risiko der koronaren Herzkrankheit um etwa 40 Prozent senkten.
Die bisherigen Daten reichen nach Ansicht der D GE und der ÖGE jedoch nicht aus, um die vorbeugende Einnahme antioxidierend wirkender Vitamin E-, Vitamin Coder Beta-Karotin-Präparate zu empfehlen. Wenige Teelöffel Sonnenblumen- oder Weizenkeimöl, ebenso wie knapp 60 Gramm Haselnüsse, enthalten schon die von den Ernährungsgesellschaften empfohlene tägliche Menge von 15 Milligramm Vitamin E. Diese Menge natürliches Vitamin E entspricht 22,5 IE. Vitamin-E-Forscher Professor Jeffrey Blumberg, Ernährungswissenschaftler an der Tufts-Universität in Boston, erklärt jedoch, dass 100 bis 400 IE täglich zur optimalen Gesundheitsvorsorge beitragen.
Was ist zu viel? Durch Vitamin-EGaben von mehr als 800 Milligramm täglich kann verstärkte Blutungsneigung auftreten. Wegen der gerinnungshemmenden Wirkung sollten Sie, wenn Sie unter Blutgerinnungsstörungen leiden, vor der Einnahme von zusätzlichem Vitamin E unbedingt Ihren Arzt konsultieren.
Hohe Dosen von Vitamin C wehren Erkältungen ab, schwächen die lästigen Erkältungs-Symptome und helfen außerdem schneller wieder gesund zu werden. Das Vitamin hilft bei ständiger Müdigkeit, Leistungsschwäche und fördert die Wundheilung. Deshalb empfiehlt die DGE 100 Milligramm täglich. Diese Menge ist beispielsweise in einem großen Glas Orangensaft enthalten. Raucher benötigen mit 150 Milligramm mehr Vitamin C. Bei Dosen über 300 Milligramm resorbiert der Darm allerdings nur noch einen Teil.
Was ist zu viel? Mehr als 1-2 Gramm Vitamin C täglich können Übelkeit, Bauchkrämpfe und Durchfall verursachen.
Folsäure (Vitamin B9), Vitamin B6 und B12 schützen das Herz, verhindern Geburtsfehler und halten unsere Gehirnzellen auf Trab. Die B -Vitamine senken den Homozysteinspiegel im Blut, einen wichtigen Risikofaktor für Arteriosklerose und damit auch für Herzinfarkt, Schlaganfall und Gefäßkrankheiten.
Folsäure kann darüber entscheiden, ob eine Frau ein gesundes Baby oder ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt, einer schweren Behinderung, zur Welt bringt. Die meisten Frauen (und Männer) nehmen aber statt der empfohlenen Menge von 400 Mikrogramm nur um die 230 Mikrogramm zu sich. Der Berufsverband der Frauenärzte, das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und die DGE empfehlen deshalb Frauen im gebärfähigen Alter dringend eine tägliche Dosis von 400 Mikrogramm. Folsäure wird inzwischen auch manchen Lebensmitteln zugesetzt, wie Frühstücksflocken, Säften, Kakaopulver, und manchen Süßigkeiten.
Schwerer Mangel an Vitamin B12 kann Gedächtnisschwund und Verwirrung verursachen. Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen oder Reizbarkeit können auf einen leichten Mangel hindeuten. Ältere Menschen sind besonders betroffen, weil sie das Vitamin schlechter aufnehmen. Die DGE hält bei ihnen eine Ergänzung von täglich 100 Mikrogramm für sinnvoll.
Was ist zu viel? Ein Milligramm und mehr Folsäure könnte einen Mangel an Vitamin B12 überdecken, der zu Nervenschäden führen kann. Bei Vitamin B 12 gibt es selbst bei hohen Dosen bis 5 Milligramm keine Berichte über schädliche Wirkungen. Vitamin B6, von dem eine Tagesdosis von 15 Milligramm empfohlen wird, kann in Dosen über 100 Milligramm Gefühllosigkeit an Fingern und Zehen, Schlafstörungen und Depressionen auslösen.
Dieses Mineral ist unerlässlich für feste Zähne und Knochen und beugt der Osteoporose vor. Die DGE hat deshalb die empfohlene Tagesdosis auf 1000 Milligramm erhöht, für Jugendliche sogar auf 1200 Milligramm. Das entspricht etwa zwei Gläsern Milch und einer dicken Scheibe Käse aufs Brot. Frauen nehmen im Schnitt nur etwa zwei Drittel der empfohlenen Menge zu sich, Männer etwa vier Fünftel.
Was ist zu viel? Mehr als 2 Gramm Kalzium täglich können zu Nierenproblemen und Übelkeit führen.
Erst Vitamin D öffnet Kalzium und Phosphat (wichtige Bausteine für Knochen und Zähne) die Pforten in den Körper. Wir nehmen es nur mit wenigen Lebensmitteln, hauptsächlich Käse, Fisch, Hühnereiern oder angereicherten Säften, in nennenswerten Mengen zu uns. Und unsere Haut produziert es mithilfe der Sonne. Menschen, die sich selten im Freien aufhalten, laufen deshalb Gefahr, nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt zu sein. Dazu kommt, dass ältere Menschen wesentlich weniger Vitamin D über die Haut bilden können. Die DGE empfiehlt daher bis zum Alter von 65 Jahren eine tägliche Zufuhr von 5 Mikrogramm, über 65 Jahren von 10 Mikrogramm. Bei über 70-Jährigen beugen möglicherweise 15 bis 20 Mikrogramm einem Vitamin-DMangel und damit der Knochenerweichung optimal vor.
Was ist zu viel? Bei langfristiger Einnahme von 25 bis 50 Mikrogramm (das sind 1000 bis 2000 IE) können Übelkeit, Schwindel, Muskelschwäche und Kalkablagerungen, vor allem in der Niere, die Folge sein.
Neben Kalzium brauchen Knochen und Zähne auch Magnesium. Außerdem regelt dieses Mineral die Funktion unserer Nerven und Muskeln. Besonders Frauen erreichen oft nicht die DGE-Empfehlung von 310 bis 350 Milligramm täglich. Die meisten Mineral-Brausetabletten decken den Bedarf schon zur Hälfte oder sogar ganz. Gute natürliche Quellen sind Vollkornprodukte, Nüsse, weiße Bohnen, Linsen und Mineralwässer.
Was ist zu viel? Über 700 Milligramm Magnesium können zu Durchfall und Übelkeit führen.
Im Gegensatz zu Männern und zu Frauen nach den Wechseljahren erreichen Kinder, Jugendliche und jüngere Frauen häufig nicht die empfohlene Eisenzufuhr. Eine gute Versorgung mit Vitamin C kann die Eisenaufnahme begünstigen, so dass keine Eisenpräparate notwendig werden. Bei Eisenpräparaten ist Vorsicht geboten: Wer eine Veranlagung zur sogenannten „Eisenspeicherkrankheit", Hämochromatose hat, bei dem lagert der Körper Eisen unter anderem in Leber, Bauchspeicheldrüse und Knochenmark ab, die dadurch lebensbedrohlich geschädigt werden. Nach Schätzungen hat eine von etwa 300 Personen die Veranlagung. Sicherheit kann die ärztliche Bestimmung der Menge an gespeichertem Körpereisen bringen.
Was ist zu viel? Bei Frauen bis 50 Jahre können 15 Milligramm (mehr als die sechsfache Tagesdosis) Bauchkrämpfe, Brechreiz und Durchfall verursachen. Eisenpräparate müssen für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden, denn hohe Dosen des Minerals können tödlich sein!
Was ist zu viel?
Die DGE empfiehlt, nicht mehr als 500 Mikrogramm täglich einzunehmen, um keine Überfunktion der Schilddrüse mit Gewichtsabnahme, Schweißausbrüchen und Muskelschwäche auszulösen. Bei zu hohen Dosen kann außerdem Jodakne auftreten.(Quelle: Readers Digest, Das Beste, Februar 2001. Seite 21)