Am Dienstag, 01. Juli 2008, machten wir einen
kleinen Ausflug der uns über Pernitz (Papierfabrik "Feh"-Taschentücher)
nach Gutenstein auf den dortigen Mariahilfberg und danach zum ehemaligen
Sanatorium in den nahe gelegenen Ort Feichtenbach bei Gutenstein führte.
In meinen Jugendjahren 1960-1963 besuchte ich
in Pernitz des Öfteren meinen ehemaligen (inzwischen verstorbenen)
Schulfreund Appl Hartmuth der nach der Schulzeit dort seine Lehre im
KONSUM machte und dabei bei seinen Großeltern wohnte. Der Großvater war
ein "Pecher" (einer der das Harz aus den Tannen und Fichten
heraushackt und sammelt). Den KONSUM gibt es auch nicht mehr - der Betrieb wurde
von
Gewerkschaftsunfähigkeitsbonzen 1995 in den Konkurs geführt. Das
kleine Holzhäuschen aber in Pernitz gibt es heute noch und sogar gänzlich
unversehrt in genau dem gleichen Zustand wie schon vor über 40
Jahren. Im Schuppen links war damals immer mein weiß lackiertes Moped
abgestellt (Marke Puch MS 50 3-Gang-Handschaltung und "tüchtig
auffrisiert", so dass ich auf der Strasse immer schneller voran kam als
mit den erlaubten 40 KM/h. Wenn man ein guter Mechaniker war, dann
schaffte man schon an die 110 KM/h mit etwas Rückenwind (und ich war ein
Guter ***g***) - aber ich zahlte auch sehr oft mehr Strafgeld für's
Schnellfahren als für das selbst gemischte Zweitaktbenzingemisch (mit
Zugaben von etwas Äther + Rizinusöl aus der Apotheke). Der arme Motor
hielt das allerdings nie länger als 2-3000 KM durch.
Das kleine liebe Häuschen liegt rechts in der Siedlung von Pernitz. Von
Gutenstein kommend die Bahnübersetzung überqueren und etwa zweite, dritte
oder vierte Gasse links hineinbiegen.
Die Gegend um Pernitz Gutenstein herum war
früher viel besser besucht und wird heute kaum mehr von Feriengästen oder
Ausflüglern benutzt. Vermehrt mussten dort Hotels und Geschäfte ihren
Betrieb aufgeben. Aber am Mariahilfberg mit der
Wallfahrtskirche gibt es noch eine liebe kleine empfehlenswerte
Pension (Gasthof Dammelhart - die Gastwirtin stammt aus der selben Gegend
in NÖ wie ich).
Auch für Biker-Treffs sehr gut geeignet.
In Gutenstein wird auch zwischen 3. Juli und 10. August 2008 das
TUTANCHAMUN
- Musical uraufgeführt
Nach dem Besuch bei Damelhart ging es zurück
wieder nach Pernitz, wo wir am Ortsende von Pernitz links die 4 KM nach
Feichtenbach abbogen, um dort das ehemalige Sanatorium zu besuchen,
welches leider auch dem Verfall preis gegeben ist. Dort kann man in
absolut guter Luft (war ja mal eine Lungenheilstätte) etwas spazieren
gehen und auch Montainbiken.
Wie oben schaut es aber nicht mehr aus, sondern so (das "Hotel" ist
geschlossen) ...
... zu dem Bau (Sanatorium Wienerwald 1904) gibt es eine interessante aber
nicht rühmliche Geschichte:
Nur eine Gedenktafel erinnert noch an die
Erbauer des Hauses, Dr. Hugo Kraus und Dr. Arthur Baer.
Hugo Kraus wurde am 8. Juni 1872 in Caslau in Böhmen geboren. Sein Vater
war praktischer Arzt.
Hugo Kraus absolvierte das Deutsche Gymnasium in Prag und studierte
anschließend Medizin.
Er spezialisierte sich zunächst auf Kinderheilkunde, später auf Lungen-
und Kehlkopferkrankungen.
Gemeinsam mit Arthur Baer kaufte Kraus in Feichtenbach, Gemeinde Pernitz,
zwei Bauernhöfe, um dort eine Lungenheilstätte zu errichten. Dieses
Sanatorium Wienerwald wurde 1904 eröffnet und errang bald im In- und
Ausland großes Ansehen.
Am 22. Oktober 1907 heiratete Dr. Kraus die Ungarin Maria Ludovika
Henslein in Wr. Neustadt. Kraus wird von Zeitzeugen als ein
kontaktfreudiger, gemütlicher Mensch beschrieben. Die Einwohner von
Feichtenbach schätzten beide jüdischen Ärzte sehr und waren für die
zahlreichen Spenden für die Volksschulkinder dankbar. Im April 1938 wurde
das Sanatorium Wienerwald von der Gestapo beschlagnahmt, um daraus ein
Lebensborn-Heim zu machen. Hugo Kraus versuchte sich das Leben zu nehmen.
Im April 1938 verstarb er im Krankenhaus Wr. Neustadt, wo als Todesursache
„Selbstvergiftung“ angegeben wird.Allerdings gibt es auch Zeugenaussagen,
die von einer Messerstichverletzung sprechen. Letzte bekannte Wohnadresse
war Pernitz, Feichtenbach 51.
Einst erholten sich im Sanatorium Wienerwald, wie es damals hieß,
Lungenkranke vor allem von den Folgen der Tuberkulose.
Auch Franz Kafka weilte im April 1924 hier, und es wurde diagnostiziert,
dass die Tuberkulose bereits seinen Kehlkopf befallen hatte.
Und 1932 starb hier auch Bundeskanzler Ignaz Seipel.
Im April 1938 wurde das Sanatorium von der Gestapo beschlagnahmt und in
eine Dependance des Lebensborn-Projektes umgewandelt.
In den Jahren nach dem Krieg erstand der Gewerkschaftsbund das Haus,
welches in Folge als Erholungsheim, zuletzt für Pensionisten diente.
Seit 2002 steht es mittlerweile leer und verfällt zusehends. Ein Projekt
des Roten Kreuzes, "Flüchtlinge" einzuquartieren, scheiterte
glücklicherweise am Widerstand der Pernitzer Bevölkerung.
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