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Also
doch!
Frauen sind die besseren Finanzminister
Sie haben selten Miese auf dem Konto und an der Börse zunehmend die Nase vorn. Immer mehr Männer fragen verblüfft: Wie machen die das nur?
Als Julia abends nach Hause kommt, findet sie einen Zettel ihres Mannes: "Bin noch mal schnell zum Baumarkt gefahren! " Julia weiß, was das bedeutet. Harald wird mit einem neuen AkkuSchrauber zurückkommen, obwohl bereits ein Exemplar kaum benutzt im Keller liegt. Oder er kann einem anderen Schnäppchen nicht widerstehen. Mit dem Schleifgerät aus dem Katalog liebäugelt er ohnehin schon lange. Und da es vom Baumarkt nur ein kleiner Umweg zum Elektronikmarkt ist, wird er noch neue Programme für seinen PC anschleppen.
"Überflüssige
Geldausgaben", stöhnt Julia. "Wir brauchen das alles gar nicht!"
Seit die beiden getrennte Konten haben, gibt es wenigstens keinen Ehestreit mehr
wegen seine Einkäufe. "Unser gemeinsames Konto war immer überzogen. Heute
geht's mir finanziell viel besser", sagt Julia zufrieden. Obwohl sie
weniger verdient als ihr Mann, hat sie inzwischen einiges auf der hohen Kante.
Harald hingegen nimmt regelmäßig seinen Dispo-Kredit in Anspruch.
Sind Frauen auf der Überholspur?
Ja,
auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt! Der reichste Mensch der Welt
ist ein Mann: Bill Gates. Und von den Superreichen sind nur 2,5 Prozent
weiblich. Doch das kann sich bald ändern. "Wenn Frauen ihre Geldgeschäfte
selbst in die Hand nehmen, sind sie erfolgreicher als Männer", behauptet
Finanzexpertin Carola Ferstl (32). Bei Geldanlagen erzielen Frauen demnach
durchschnittlich fünf Prozent mehr Rendite. Die Moderatorin der "Telebörse"
von n-tv hat zwei Ratgeber geschrieben: "Geld tut Frauen richtig gut"
und "Frauen sind die besseren Anleger".
Warum war das früher nicht so?
Jahrhundertlang
waren Frauen in punkto Geld entmündigt. Erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts dürfen
sie ein eigenes Konto haben. Noch bis 1953 stand im Gesetz: "Das Vermögen
der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung des Mannes
unterworfen." Ihr Händchen fürs Finanzielle konnten Frauen damals nur im
engen Rahmen ihres Haushaltsgeldes beweisen. Gegen den Willen ihres Mannes
durfte eine Frau noch nicht einmal arbeiten gehen. Das traurige Ergebnis: Rund
80 Prozent der Frauen im Rentenalter haben heute eine Rente von weniger als 1000
Mark im Monat.
Wie
schwer es ist, die alten Zöpfe abzuschneiden, zeigt sich auch daran, dass sich
weit über die Hälfte aller Frauen in Gelddingen, so das Ergebnis einer
aktuellen Studie, immer noch lieber auf Vater, Bruder oder Partner verlassen,
als die Sache in die eigenen Hände zu nehmen. Viele der befragten Frauen fühlen
sich in dieser Rolle jedoch mehr als unwohl, wünschen sich mehr
Eigenverantwortlichkeit in finanzieller Hinsicht.
Welche
Unterschiede gibt es beim Umgang mit Geld?
"Frauen
geben Geld zum Leben aus. Männer zum Spielen. Deswegen ist es gut, wenn sie
nicht allzu viel davon haben." Dieser Satz stammt nicht etwa von einer
Frau, sondern von dem Schriftsteller Mark Twain. Er wusste, wovon er sprach.
Seine Honorare investierte er in eine Modelleisenbahn und in riskante Börsengeschäfte.
Dort ging sein Vermögen schließlich den Bach runter.
Folgenschwere
Pleiten werden fast nur von Männern hingelegt. Weil sie viel risiko- und
spielfreudiger sind als Frauen, für die Geld lediglich Mittel zum Zweck ist.
Der Psychologe Kurt Werner sagt: "Für Frauen ist Geld keine Droge, an der
sie sich berauschen können, sie begegnen finanziellen Dingen mit der nötigen
Distanz. Männer hin gegen verbinden Geld mit einem Gefühl von Macht.
Frauen
an der Börse -
wo liegt das Geheimnis?
Frauen
haben ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit. Deshalb informieren sie sich zuerst
gründlich über Chancen und Risiken, wenn sie sich an die Börse wagen. Sie
setzen auch nicht alles auf eine Karte. Damit können sie zwar auf einen Schlag nicht
so viel gewinnen - aber auch nicht verlieren. Und weil Frauen eher bereit sind,
Fehler zuzugeben, verkaufen sie fallende Aktien rechtzeitig, während Männer länger
an ihrem Irrtum festhalten.
Ganz
wichtig. Frauen kaufen nicht "blind" irgendwelche Aktien! Sie haben
etwa ein Handy, das sie toll finden oder benutzen ein Kosmetikprodukt, mit dem
sie zufrieden sind ‑ nur in Dinge die Hand und Fuß haben wird investiert.
Eine Frau würde nie Aktien von einer Ladenkette kaufen, deren Service
oder Angebot ihr nicht zusagt.
Macht sich das
Geld-Talent
auch im Job bemerkbar?
Ja!
Es hat sich herumgesprochen, dass Frauen nicht nur mit ihrem eigenen, sondern
auch mit dem Geld der Firma vernünftig umgehen. Sie kommen mit kleineren Etats
besser zurecht als Männer, beanspruchen keine protzigen Dienstwagen oder andere
teure Statussymbole.
"Frauen
sind für die Betriebe rentabler als Männer" sagt die
Wirtschaftsprofessorin Sonja Bischoff überzeugt. Dadurch wachsen die
Aufstiegschancen. Schon heute findet sich im Rechnungswesen und Controlling der
höchste Anteil weiblicher Chefs. Und eine aktuelle Umfrage bei 30 der größten
deutschen Unternehmen hat gezeigt: Überall wo gerechnet, verbucht und geprüft
wird, sind Frauen inzwischen überproportional stark vertreten.
Quelle: Tina, Nr. 44, 26. Oktober 2000