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Das gesunde Maß bei Bewegung und Ausdauersport zu finden, ist nicht immer leicht. Vor allem nicht im Winter.

Der Grippe davonlaufen

Eine Möglichkeit, sich gegen die Angriffswellen der Grippeviren zu wappnen, ist Bewegung an frischer Luft. Entscheidend ist, dass man dabei nicht übertreibt. Mäßige körperliche Anstrengung stärkt das Immunsystem. Hingegen bewirken hohe Belastungen genau das Gegenteil: Die Abwehrkräfte werden geschwächt. Husten, Schnupfen, Heiserkeit haben dann leichtes Spiel.

Das gesunde Maß zu finden, ist nicht immer leicht. Vor allem nicht im Winter. Bewegung an der frischen Luft empfehlen die Ärzte unter anderem zur Stärkung des Immunsystems gegen Schnupfen- und Grippeviren. Doch so einfach ist es nicht. Das Abwehrsystem des menschlichen Körpers hat vielschichtige und zum Teil auch widersprüchliche Aufgaben zu erfüllen. "Es ist jedenfalls anhand von Laboruntersuchungen und epidemiologischen Studien nachgewiesen, dass körperliche Bewegung einen Einfluss auf das Immunsystem hat", erklärt der Innsbrucker Sportmediziner Kurt A. Moosburger. "Man weiß heute, dass sportliche Aktivität bis zu einem gewissen Umfang und Intensität das Immunsystem positiv beeinflussen, quasi stärken, kann und ein hoher Trainingsumfang mit langen, intensiven Einheiten genau das Gegenteil bewirkt."

Doch wo liegt die Grenze zwischen gesunder und eher schädigender Belastung? Die Mediziner wollen sich hier nicht festlegen lassen, weil dieser Grenzbereich von sehr vielen Faktoren abhängt und individuell sehr unterschiedlich sein kann. Trainingszustand, Stressbelastungen oder Ernährung spielen dabei eine wichtige Rolle. Gerade Hochleistungssportler bewegen sich ständig auf einer Gratwanderung, wie man an ihrer Anfälligkeit für Verkühlungen und grippale Infekte erkennen kann. Besonders vor entscheidenden Wettkämpfen, wenn der Stress zunimmt, werden viele krank.

Welche Vorgänge sich dabei im Körper abspielen, lässt sich zum Beispiel am Stresshormon Cortisol aufzeigen, das auch unter körperlicher Belastung verstärkt ausgeschüttet wird und die Leistungsbereitschaft erhöht. Zu viel Cortisol im Blut legt, vereinfacht ausgedrückt, die so genannten Killerzellen lahm, es werden weniger Antikörper produziert, die entzündliche Abwehr wird gehemmt. Je intensiver die sportlichen Aktivitäten, umso mehr werden auch "freie Radikale" gebildet, die sich ebenfalls negativ auf die Immunabwehr auswirken.

Während Topathleten sich zwangsläufig im Grenzbereich bewegen, neigen Freizeitsportler dazu, sich in ihrem Ehrgeiz körperlich zu überfordern, weil sie ihre individuelle Leistungsfähigkeit meistens zu wenig gut kennen. Kommen sie danach mit Viren in Kontakt, lässt sich eine Erkältung nur noch schwer vermeiden. Moosburger rät: Intensität möglichst gering halten, den Schwerpunkt auf das Grundlagenausdauertraining legen und für ausreichend Regeneration und Schlaf sorgen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Untersuchungen bei durchschnittlichen Läufern, die gezeigt hätten, dass sich Belastungen jenseits von 50 bis 60 Kilometern in der Woche bereits negativ auf das Immunsystem auswirken können.

Während die einen gerade im Winter ergänzende Vitamin- und Mineralstoffpräparate empfehlen (von Vitamin C bis zu den "Immunstars" Zink und Selen), hält Kurt A. Moosburger nicht allzu viel vom Pillenschlucken. Eine ausgewogene Ernährung mit täglicher Gemüse-, Salat- und Obstzufuhr gewährleiste eine ausreichende Versorgung mit den notwendigen Mikronährstoffen.

Ein entscheidender Schlüssel, erklärt Moosburger, um das Immunsystem nach dem Training positiv zu beeinflussen, könnte jedoch die rasche und vor allem ausreichende Aufnahme von Kohlenhydraten sein (entsprechende Drinks, Nudeln, Kartoffeln). Jüngste Untersuchungen hätten gezeigt, dass reichhaltige Kohlenhydratzufuhr vor, während und nach dem Training die Abwehrkräfte, im Gegensatz zu Vitamin C zum Beispiel, gestärkt habe.

Im Radsportmagazin "tour" (Jänner-Ausgabe) gibt Holger Gabriel, Sportmediziner an der Universität Jena, weitere Tipps: die Füße warm halten; nach dem Training nasse Kleidungsstücke so rasch wie möglich ausziehen; richtig schnäuzen: getrennt durch jeweils ein Nasenloch ausschnauben, sonst kann der Schleim in die Nasennebenhöhlen gedrückt werden und sie entzünden.

Wer sich dennoch eine fiebrige Erkältung einfängt, darf auf keinen Fall weiter trainieren, weil man sonst die Erkrankung verschleppt und im schlimmsten Fall eine gefährliche Herzmuskelentzündung die Folge sein kann.

Quelle: Salzburger Nachrichten, Sa-10.02.01
 

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