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14.08.2003  

 

Der Kämpfer gegen "die Illusion der Kontrolle" im Gespräch mit BLUeBULL today 

Den "Narren des Zufalls" auf der Spur 

Nassim Nicholas Taleb im Profil

Der aus Griechenland stammende Amerikaner Nassim Nicholas Taleb ist Gastprofessor der Universität New York, Gründer des Hedge Fonds-Unternehmens Empirica und Buchautor.

Wien - Durch Fernsehshows tingelnde Aktienmillionäre und Börsengurus gibt es nicht nur in Amerika. Ihr gemeinsamer Feind heisst Nassim Taleb. Denn er reisst ihnen die Maske des programmierten Erfolges vom Gesicht.

Denn gerade jene Propheten und Gurus, die mit „Ich mache auch sie reich“-Sprüchen Anhänger und Buch-käufer werben, sind stärker „Narren des Zufalls“, als viele wahrhaben wollen. Auch vieles, was wir uns selbst gerne als geleisteten Börsenerfolg an die Brust heften, entlarvt Nassim Taleb in seinem gleichnamigen Bestseller als schlichtes Glück.

Kaum einer schafft es, die alldurchdringende Macht des Zufalls bedrohlicher darzustellen als er. BLUeBULL today hat ein Interview mit ihm geführt. Lesen Sie auf der nächsten Seite mysteriöse Geschichten und denkwürdige Aussagen des Amerikaners.  Seite nicht mehr erreichbar.

 

Verlieren, um zu gewinnen
Können Sie Sprüche wie "Ihr Geld ist nicht weg, es hat nur ein Anderer" nicht mehr hören? Kreiden Sie sich Ihre Verluste insgeheim selbst an, sind Sie ein Opfer mieser Informationspolitik, oder war höhere Gewalt im Spiel? Folgt man N. Nicholas Talebs Darlegung in Narren des Zufalls, so ist höhere Gewalt an der Börse die Regel. Ergo: Die "Gegenseite" war keinesfalls besser als Sie, sondern hatte lediglich mehr Glück. Und das heißt auch, dass demnächst das Pendel mit großer Wahrscheinlichkeit in die andere Richtung ausschlägt, und die Gewinner von heute die Verlierer von morgen sind. Reicht das als erster Trost?
Rettung ist nah
Wenn nicht, dann sollten Sie sich erst recht in Talebs Buch vertiefen. Der Verfasser seziert genüsslich die Phrasen der notorischen Gewinnler, die mit ihrer Weitsicht prahlen und kurz darauf in der Versenkung verschwinden. Gewissenhaft entwickelt er ins Absurde führende Analoga zu populären Erfolgsstrategien, die somit der Lächerlichkeit preis gegeben werden. Dabei ist das Buch keineswegs rein destruktiv; Taleb beweist zum Beispiel großen Sachverstand in Fragen der Börsenpsychologie. Durch seine distanzierte Art hebt sich das Buch deutlich aus der Masse der Börsenliteratur heraus. Mit einem Schuss Selbstironie und dem integrierten Grundkurs in gesundem Skeptizismus erhält der Leser hier eine wahre Stütze im Börsengewitter. Das ist Therapie und Prophylaxe zugleich, man wird quasi immun gegen die allerorten spürbare Resignation.
Aus dem Tal der Tränen heraus
Taleb präsentiert ausdrücklich kein Patentrezept. Auch er kennt das Geheimnis der wundersamen Geldvermehrung an der Börse nicht, er weiß es jedoch besser als das Gros der deutschen Finanzbuchautoren. Das Buch sprüht vor hintergründigem Witz, glänzt mit originellen Typbeschreibungen und geizt auch nicht mit ätzendem Spott. Aus dieser Lektüre kann der Anleger garantiert mehr Nutzen ziehen als aus einer Jahresbuchproduktion der "Guru"-Fraktion. In seiner Abgeklärtheit erinnert der Band ein wenig an Kostolanys Alterswerke, nur auf deutlich höherem Niveau. Eine echte Entdeckung, ein intellektueller Hochgenuss für alle, die Talebs ausgestreckte Hand ergreifen und Börsenerfolge und -misserfolge sozusagen von oben betrachten wollen.